Der Mann mit dem Esel (3.4.25)
- tr7079
- 3. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Es ist fast so, als wäre mein Zündschlüssel mit den Schleusen des Himmels verbunden. Kaum starte ich meinen Töff, schon beginnt es zu regnen. Vier Stunden in sintflutartigen Schauern, das macht richtig Freude, vor allem wenn die Prognosen gut waren. Griechenland lasse ich nach 4 Mautstellen (immer zwischen 35 Cents und 1.30€) hinter mir und komme zum Grenzübergang Ipsala. Der Stau ist gigantisch, wie ich im Nachhinein erfahren habe, ist Zuckerfest, ein zusätzlicher Feiertag für Regierungsangestellte und den öffentlichen Sektor im Rahmen des Ramazan Bayramı, das heisst: viele unterwegs, wenige am Arbeiten. Wie immer überhole ich alle links und biege ganz vorne in die Reihe ein. Trotzdem dauert es 2 Stunden. Diesmal wollen sie sehen: Pass, Internationaler Führerschein, Fahrzeugschein, Versicherungsnachweis Fahrzeug (ETI Schutzbrief weltweit), Versicherungsnachweis Krankenkasse/Unfall, Versicherungsnummer bei der Sanitas. Der Herr kann kein Englisch, daher erzähle ich ihm alles in Schwitzerdeutsch, worauf wir jeweils beide lachen.
Alles überstanden denke ich, nach 10 km Autostrasse, kommt die erste Polizeikontrolle. Im strömenden Regen suche ich ewig lange nach meinem Ausweis, sodass er völlig nass, nur noch einen kurzen Blick darauf wirft und mich weiter winkt.

Dann erreiche ich die Halbinsel der Dardanellen und welch Wunder, es ist herrlich Sonnenschein. Ich freue mich wie ein kleines Kind am Zuckerfest. Links sehe ich von Weitem die Canakkale Köprüsü, die 2023m gespannte Hängebrücke über den Dardanellen-Kanal nach Canakkale. Ich bleibe aber 3 Tage auf der Halbinsel. Das Navi führt mich exakt an die Adresse in Eceabat.

Eceabat ist eine charmante Kleinstadt auf der Gallipoli-Halbinsel am europäischen Ufer der Dardanellen. Heute ist Markt und ich kaufe Börek und zwei Tomaten. Aus Mitleid schenkt mir die Frau noch eine dritte. Ich musste schmunzeln, denn die 2 Tomaten kosten 10 Lira, also etwas über 20 Rappen.

Hier starten auch Fähren ist verschiedene Richtungen. Am Meer entlang gibt es ganz viele Restaurants. Ein alter Mann zeigt mir die Wohnung, wobei richtig zeigen kann es nicht, denn die Hälfte der Finger fehlen. Das muss der Schreiner sein, der eine kleine Bude hat, vor der ich geparkt habe. Genauso ist es und später möchte ich seine Boutique sehen, die er mir gerne zeigt. Ich schenke ihm dafür ein Schweizer Sackmesser mit Holzschalen.
Die Dardanellen sind ein schmaler, aber entscheidender Seeweg zwischen der Ägäis und dem Schwarzen Meer. Wer ihn kontrolliert, beherrscht einen wichtigen Teil des Handels und Nachschubs.
Die Schlacht von Gallipoli (1915) auch bekannt als Dardanellen-Kampagne – war eine der verlustreichsten und symbolträchtigsten Schlachten des Ersten Weltkriegs. Sie fand zwischen April 1915 und Januar 1916 auf der Gallipoli-Halbinsel in der heutigen Türkei statt. Der Versuch der Alliierten (Briten, Franzosen, Australier, Neuseeländer), das Osmanische Reich militärisch zu zerschlagen und eine direkte Versorgungsroute zu Russland zu öffnen, scheiterte auf dramatische Weise. Noch heute wird dem ANZAC Day (25. April) gedacht. ANZAC heisst „Australian and New Zealand Army Corps“.
Auf beiden Seiten sind je ca. 250’000 Menschen gestorben. Mustafa Kemal, genannt Atatürk wurde zum Nationalhelden.
Der Australier Private John Simpson Kirkpatrick (Sanitäter) rettete mit seinem Esel viele Verwundete aus der Frontlinie, er galt als Inbegriff von Mut und Mitgefühl. Er ging in die Geschichte ein als: «der Mann mit dem Esel».
Es bewegt mich sehr, dass die Menschheit aus all diesen katastrophalen Kriegen bis heute nichts gelernt hat.
Ich fahre noch ganz in den Süden, nach Seddülbahir, damals Cape Helles (bei strahlendem Sonnenschein) und schaue mir die wichtigsten Schauplätze und Gedenkstätten an. Beim letzten Regentag habe ich eine 200-seitige Forschungsarbeit über diesen Krieg gelesen und kenne daher jede Landungsstelle.








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